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Oliver Schoch

Oliver Schoch ist Bankkaufmann und Finanz-Journalist. Im Rahmen seiner Spezialisierung schreibt er mittlerweile seit 14 Jahren Artikel zu unterschiedlichen Finanz-Themen wie Börse, Versicherungen, Finanzierungen oder Geldanlage. Dabei gibt Oliver Schoch Lesenden gerne Ratschläge für den Finanz-Alltag und zeigt, wie interessant und alltäglich das Thema Finanzen in der Praxis ist.

Fall Sie ein Immobiliendarlehen haben möchten, dann müssen Sie gegenüber dem Kreditgeber Sicherheiten stellen. Zwar wird häufig in Verbindung mit einer Immobilienfinanzierung noch von der Hypothek gesprochen. Deutlich öfter nehmen Banken allerdings seit vielen Jahren eine Grundschuld entgegen, sodass die Hypothek nur noch relativ selten verwendet wird.

In unserem Beitrag möchten wir darauf eingehen, wie viel Geld Sie als Immobilienkredit erhalten, wenn Sie eine Hypothek bzw. Grundschuld als Sicherheit stellen. In dem Zusammenhang beantworten wir unter anderem die Frage, worum es sich beim Beleihungswert handelt, wie Banken diesen berechnen, welche Unterlagen Sie einreichen müssen und was es mit der sogenannten Beleihungsgrenze auf sich hat.

Worin unterscheiden sich Hypothek und Grundschuld als Sicherheit?

Sowohl bei einer Hypothek als auch bei einer Grundschuld handelt es sich um ein sogenanntes Grundpfandrecht. Dieses gibt kreditgebenden Banken die Möglichkeit, im Fall des Falles eine Zwangsversteigerung der Immobilie zu veranlassen, sollte der Kreditnehmer seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen (können). Grundschulden und Hypotheken sind also für Kreditgeber eine äußerst wichtige Kreditsicherheit.

Im Wesentlichen besteht der Unterschied zwischen Grundschuld auf der einen und Hypothek auf der anderen Seite darin, dass Grundschulden nicht streng akzessorisch sind, die Hypothek jedoch schon. Das bedeutet, dass Grundschulden auch für andere Kredite herangezogen werden können, während sich die Hypothek immer streng auf ein bestimmtes Darlehen bezieht. Mit der Grundschuld haben Banken demnach etwas mehr Freiheit in der Sicherheit, sodass diese in den letzten zehn Jahren deutlich häufiger als die Hypothek eingesetzt wird.

Bis auf diesen Unterschied funktionieren Hypothek und Grundschuld jedoch sehr ähnlich. Insbesondere auf die Besicherung bezogen können beide Varianten des Grundpfandrechts im Grunde gleich behandelt werden. Deshalb sprechen wir im weiteren Verlauf unseres Beitrages auf vorwiegend von der Hypothek1Hypothekenzinsen vergleichen – https://www.test.de/Immobilienfinanzierung-Schritt-fuer-Schritt-zum-Kredit-5294522-0/ – Abgerufen am 04.11.22, wobei allerdings für die Grundschuld im Hinblick auf Beleihungswert und Sicherheit die gleichen Grundsätze gelten.

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In der Praxis nehmen heute die meisten Banken eine Grundschuld als Sicherheit entgegen. Für die Berechnung des Beleihungswertes als Basis dafür, wie viel Geld Sie erhalten, spielt der Unterschied zur Hypothek jedoch normalerweise keine Rolle

Wie viel Geld erhalte ich von der Bank – der Beleihungswert

Eine der am häufigsten gestellten Fragen ist bei Kreditnehmern, die eine Immobilienfinanzierung benötigen, wie viel Geld sie eigentlich von der Bank erhalten. Ein oft verbreiteter Irrtum ist in dem Zusammenhang, dass die Kreditinstitute mindestens den aktuellen Verkehrswert der Immobilie als Darlehen zur Verfügung stellen. Dem ist allerdings nicht so, denn die Banken richten sich in erster Linie nach dem sogenannten Beleihungswert. Doch worum handelt es sich dabei eigentlich?

Mit dem Beleihungswert ist der Betrag gemeint, den das Kreditinstitut als Kreditgeberin voraussichtlich auch noch in 5, 10 oder 15 Jahre erhalten würde, wenn die entsprechende Immobilie als Sicherheit zwangsversteigert werden müsste. Deshalb ist der Beleihungswert natürlich (deutlich) niedriger als der aktuelle Verkehrswert des Hauses oder der Eigentumswohnung. Im Rahmen einer Immobilienfinanzierung gibt es daher mehrere, relevante Begriffe, die allerdings unbedingt voneinander getrennt werden müssen, nämlich:

  • Kaufpreis
  • Baukosten
  • Verkehrswert
  • Beleihungswert
  • Beleihungsgrenze

In den meisten Fällen nehmen Banken einen Sicherheitsabschlag vom Verkehrswert vor, um so auf den Beleihungswert zu kommen. Bezogen auf den Kaufpreis oder die Baukosten beläuft sich der Beleihungswert meistens auf 80 Prozent. Was das bedeutet, möchten wir gerne im folgenden Beispiel verdeutlichen.

  • Kaufpreis der Immobilie: 280.000 Euro
  • Verkehrswert: 270.000 Euro
  • Abschlag vom Verkehrswert: 20 Prozent
  • Beleihungswert: 216.000 Euro

In diesem Beispiel fallen gleich zwei Differenzen auf. Zum einen ist der von der Bank ermittelt Verkehrswert etwas niedriger als der gezahlte Kaufpreis. Wenn Sie so wollen, hat der Hauskäufer also etwas zu viel für sein Objekt gezahlt. Das ist allerdings vollkommen üblich, denn nicht immer stimmen Verkehrswert und tatsächlicher Kaufpreis überein. Hier hängt auch viel von Angebot und Nachfrage ab.

Die zweite Differenz ergibt sich zwischen dem Verkehrswert und dem Beleihungswert, der im Beispielfall um etwas mehr als 50.000 Euro niedriger angesetzt wurde. Hier rechnet die Bank mit einem handelsüblichen Sicherheitsabschlag in Höhe von 20 Prozent, damit sie relativ sicher sein kann, dass Sie bei einer späteren Zwangsversteigerung zumindest annähernd den Beleihungswert erhält und somit im Idealfall die Kreditschulden vollständig abgedeckt werden können.

Wie findet die Berechnung des Beleihungswertes statt?

Hypothek als Sicherheit - so viel Geld erhalten Sie

Die Banken berechnen den Beleihungswert für eine Immobilie und damit zusammenhängend für das Immobiliendarlehen natürlich nicht auf Basis von Schätzungen, sondern es stehen dafür gleich drei unterschiedliche Berechnungsmethoden zur Verfügung. Dabei handelt es sich um:

  • Vergleichswertverfahren
  • Sachwertverfahren
  • Ertragswertverfahren

Sehr häufig genutzt wird vor allem das Vergleichswertverfahren, nämlich wenn der Beleihungswert in erster Linie bei Ein- oder Zweifamilienhäusern sowie Eigentumswohnungen ermittelt werden soll. Beim Vergleichswertverfahren wird das jeweilige Objekt meistens mit Häusern in der Nachbarschaft verglichen, die eine ähnliche Wohnfläche und Ausstattung haben.

Eine alternative Berechnungsmethode ist das Sachwertverfahren. Auch dieses kommt meistens dann zum Tragen, wenn das entsprechende Objekt vom Eigentümer selbst verwendet wird. Der Beleihungswert besteht in dem Fall zum einen aus dem Grundstücks- und zum anderen aus dem Bauwert.

Die dritte Berechnungsmethode ist das Ertragswertverfahren. Dieses wird allerdings in erster Linie für Objekte genutzt, die gewerblichen Zwecken dienen bzw. vermietet werden. In dem Fall ist der Beleihungswert die Summe aus dem Bodenwert zum einen sowie aus den Mieteinnahmen zum anderen, die in der Zukunft fließen sollen.

Welche Unterlagen muss der Kreditnehmer einreichen?

Damit die Bank den Beleihungswert möglichst realistisch berechnen kann, benötigt sie seitens des Kreditsuchenden einige Unterlagen. Anhand dieser Dokumente ist zum Beispiel ersichtlich, welchen Zustand die Immobilie hat, wie sich die Lage gestaltet und noch weitere für die Ermittlung des Beleihungswertes relevante Informationen können abgeleitet werden. Es geht zudem um die Bewertung der Bonität des Kreditnehmers, denn diese hat durchaus einen Einfluss darauf, wie hoch die Bank zum Beispiel den Sicherheitsabschlag ansetzt.

Wichtige Unterlagen sind in erster Linie:

  • Baupläne zur Immobilie
  • Exposé
  • Wohnflächenberechnung
  • Grundbuchauszahlung
  • Lageplan
  • Unterlagen zu Versicherungen (im Hinblick auf die Immobilie)
  • Eigenkapitalnachweis

Aus all diesen Komponenten kann die Bank dann zumindest teilweise die Berechnung des Beleihungswertes vornehmen.

Was ist der Beleihungsgrenze?

Abzugrenzen vom Beleihungswert ist die sogenannte Beleihungsgrenze. Nahezu alle Banken nehmen vom errechneten Beleihungswert nämlich einen weiteren Abschlag vor, den sollten Risikoabschlag. Dieser soll eventuelle Wertminderungen der Immobilie berücksichtigen, die natürlich auf eine Sicht von 10, 20 oder 30 Jahren hin in der Zukunft auftreten können. Dazu gibt es sowohl interne als auch externe Faktoren, die sich negativ auf den Wert der Immobilie auswirken können, wie zum Beispiel:

  • Lage wird unattraktiver, beispielsweise durch andere Neubauten
  • Zustand der Immobilie verschlechtert sich
  • Schäden am Objekt, die nicht abgesichert sind

Dieser Sicherheitsabschlag seitens der Banken ist nicht unerheblich, denn er beläuft sich nicht selten auf 30 bis 60 Prozent. Dies bezieht sich allerdings nicht explizit auf Hypotheken oder Grundschulden, sondern gilt allgemein für Kreditsicherheiten. Trotzdem ist die Beleihungsgrenze auch bei Immobilien teilweise deutlich geringer als der Beleihungswert, was das folgende Beispiel zeigen soll:

  • Verkehrswert des Hauses: 300.000 Euro
  • Beleihungswert: 240.000 Euro (80 Prozent des Verkehrswertes)
  • Beleihungsgrenze: 144.000 Euro (60 Prozent des Beleihungswertes)

Diese beispielhafte Rechnung zeigt, dass die Beleihungsgrenze letztendlich nur noch knapp die Hälfte des Verkehrswertes der Immobilie ausmacht. Exakt für diesen Betrag, also die Beleihungsgrenze, wird dann seitens der Bank eine normalerweise erstrangige Hypothek oder Grundschuld gefordert. Das ist letztendlich aber nur zum Teil die Antwort auf die Frage, wie viel Geld Sie von der Bank erhalten.

Immobilienfinanzierung oft mit Eigenkapital versehen

Wenn wir nun beim Beispiel bleiben, müssen Sie allerdings keinen Schreck bekommen, dass die Bank Ihnen viel zu wenig Geld leihen würde, damit Sie die gewünschte Immobilie kaufen können. Dahinter steckt der Gedanke, dass bei den meisten Immobilienfinanzierungen keine sogenannte Vollfinanzierung notwendig ist. So können Sie im Idealfall sogar die gesamte Differenz zwischen dem Verkehrswert (Kaufpreis) und dem Beleihungswert durch Eigenkapital abdecken. Unter anderem aus diesem Grund ist Eigenkapital in der Baufinanzierung so wichtig, weil Sie damit von den folgenden Vorteilen profitieren:

  • Kreditzusage wird wahrscheinlicher
  • Günstigere Bauzinsen als ohne Eigenkapital
  • Stabilere Finanzierung

Sollte das Eigenkapital nicht ausreichen, damit Sie die Lücke zwischen Kaufpreis und Beleihungsgrenze komplett schließen können, stellen die meisten Kreditinstitute im Rahmen der Baufinanzierung noch einen weiteren Kredit zur Verfügung. Dieser wird entweder als Blankodarlehen vergeben oder Sie können eventuell andere Sicherheiten zur Verfügung stellen, wie die Verpfändung von Wertpapieren oder die Abtretung einer Forderung, bevorzugt in der Praxis einer Kapitallebensversicherung.

Darüber hinaus ist es häufig so, dass die Immobilienfinanzierung nicht nur aus einem erstrangigen Annuitätendarlehen mit eingetragener Hypothek bzw. Grundschuld der Bank besteht. Nicht selten wird ein sogenannter Finanzierungsmix genutzt, der dann zum Beispiel aus den folgenden Komponenten zusammengesetzt wird:

  • Annuitätendarlehen (mit erstrangiger Hypothek oder Grundschuld abgesichert)
  • Bauspardarlehen
  • KfW-Förderdarlehen

Die zwei anderen Darlehen tragen also ebenfalls dazu bei, die Lücke zwischen Verkehrswert (Kaufpreis) und Beleihungswert der Bank zu schließen. Deshalb ist es in den meisten Fällen so, dass Sie im Rahmen einer Baufinanzierung tatsächlich so viel Geld von der Bank erhalten, wie Sie Finanzierung der Baukosten oder des Kaufpreises benötigen.

Quellen & Verweise[+]