Sebastian Buosi

Sebastian Buosi

Über die Versicherungswirtschaft zur klassischen Bank hin zu digitalen und alternativen Anlagen kam Sebastian früh mit Finanzthemen in Berührung. Dieses Interesse wurde dank der Möglichkeiten aus dem digitalen Wandel in der Finanzbranche weiter verstärkt. Daher hat er sich weiter auf Themen wie Bitcoin, NFT, Uhren und das nachhaltige Investieren spezialisiert.

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Anleihe – was ist das eigentlich?

überprüft durch Finanzreport
Anleihe – was ist das eigentlich?

Im globalen Finanzsystem sind sie nicht wegzudenken. Ohne sie würde nicht mehr viel funktionieren. Die Rede ist von Anleihen. Quasi jeder hat schon einmal davon gehört, doch nur wenige können den Begriff wirklich erläutern. Dabei ist es gar nicht einmal so unwichtig, über die Anleihe Bescheid zu wissen. Wir schaffen deshalb Abhilfe und klären Sie über dieses essenzielle Finanzinstrument auf.

Anleihe – eine kurze Definition

Vereinfacht ausgedrückt handelt es sich bei Anleihen um nichts anderes als Verträge, die zwischen einem Emittenten (Herausgeber) sowie einem Zeichner (Anleger) geschlossen werden. Dabei enthält der Kontrakt wichtige Informationen wie etwa die vereinbarte Laufzeit sowie die jeweilige Verzinsung, die auf das überlassene Kapital fällig wird. Der sogenannte Zeichner tritt bei Anleihen stets als Gläubiger des Emittenten auf und ist somit einem gewissen Emittentenrisiko ausgesetzt. Außerdem hat er die Möglichkeit, die Anleihe entweder bis zum festgelegten Laufzeitende zu behalten oder sie schon vorher weiterzuverkaufen. Wichtig zu unterscheiden sind auch die häufig verwendeten Begriffe des Primär- sowie des Sekundärmarktes. Ersterer bezeichnet den Verkauf von Wertpapieren bei der Emission, letzterer hingegen den außerbörslichen Handel beziehungsweise den Handel an den Märkten des Börsenunternehmens. Selbstverständlich ist der Zeichner am Ende berechtigt, sein zur Verfügung gestelltes Kapital mitsamt den vorher definierten Zinsen einzufordern.

Ehe etwas tiefer in die Materie eingestiegen wird, sollten zunächst wichtige Wörter geklärt werden, die im Zusammenhang mit Anleihen immer wieder auftauchen. Nur so ist es möglich, ein umfassendes Grundverständnis für diese Angelegenheit zu erlangen.

Die wichtigsten Begriffe im Überblick

Rendite: Der meist in Prozent angegebene Ertrag, den Investoren nach einem bestimmten Zeitraum auf ihr eingebrachtes Kapital erhalten

Nennwert: Bezeichnet den Geldbetrag, den sich der Emittent durch Ausgabe der Anleihen vom Käufer leiht

Bonität: Gibt Auskunft über die Kreditwürdigkeit eines Wirtschaftssubjektes wie etwa Personen oder Unternehmen

Kupon: Entspricht dem Zinssatz, den der Anleger vom Emittenten für die Bereitstellung des Geldes bekommt

Anleihevolumen: Auch bekannt unter dem Namen Emissionsvolumen. Gemeint ist die Summe, die ein Unternehmen durch die Herausgabe der Anleihe einnehmen möchte.

Kurswert: Er wird in Prozent des Nennwertes angegeben, wobei 100% genau dem Nennwert entsprechen würde.

Worin besteht der Sinn einer Anleiheemission?

Es passiert ständig und überall. Firmen geben neue oder zusätzliche Anleihen heraus. Aber wieso machen sie das eigentlich? Welchen Vorteil erhoffen sie sich daraus? Eine gute Frage, die mehrere Antworten liefert.

In der Praxis gibt es nämlich nicht nur einen Grund. Vielmehr kann es beispielsweise sein, dass Firmen auf externes Kapital angewiesen sind, um damit Expansionen zu finanzieren oder voranzutreiben. Auch ist es denkbar, dass bestehende teure Verbindlichkeiten durch preiswertere ersetzt, also umgeschuldet werden sollen. Gerade in der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, wie wichtig es für Volkswirtschaften ist, dass sich Unternehmen relativ problemlos Kapital von Gläubigern beschaffen können. Anleihen gelten zudem als guter Mittelweg zwischen Aktien auf der einen und Krediten auf der anderen Seite. Unternehmensanteile auszugeben ist aufgrund der gesetzlichen Anforderungen an die Rechtsform nämlich nicht ohne Weiteres möglich, Bankkredite hingegen können bei Bonitätsproblemen schnell zu teuer werden.

Wie läuft die Ausgabe in der Praxis ab?

Hier kommt es wieder auf die weiter oben bereits genannten Begriffe des Primär- und des Sekundärmarktes an. Die Erstemission ist dabei ausschließlich professionellen und institutionellen Anlegern vorbehalten. Privatinvestoren dagegen haben erst während der Laufzeit Zugriff und können entsprechend erst ab diesem Zeitpunkt mithandeln. Sie agieren somit auf dem Sekundärmarkt. Wichtig ist es auch, sich nochmals die Bedeutung des Anleihevolumens in Erinnerung zu rufen. Ein Unternehmen kann zum Beispiel eine Million Anleihen zu je eintausend Euro ausgeben und würde somit insgesamt eine Milliarde Euro einnehmen. Haben die Anleger eine Million Firmenanleihen gekauft, ist das Volumen aufgebraucht und keine weiteren Anteile sind mehr erhältlich.

Wer entschließt sich zu Anleiheemissionen?

Grundsätzlich gibt es hier nur relativ wenige Beschränkungen, sodass Firmen unterschiedlichster Branchen und auch Größen auf diese Weise an Kapital kommen können. Eine Unterteilung findet jedoch bei Industrie- und Mittelstandsanleihen statt. Wie der Name unschwer erahnen lässt, agieren bei erstgenannten in der Regel große Konzerne aus den Bereichen Industrie, Handel und Verkehr im Hintergrund. Da sie vergleichsweise viel Kapital benötigen, sind auch die Volumina entsprechend groß. Mittelstandsanleihen hingegen sind vor allem durch kürzere Laufzeiten sowie niedrigere Beträge gekennzeichnet. Ins Auge stechen hier zudem die teils deutlich höheren Zinsen, die mit einem größeren Risiko von Zahlungsunfähigkeiten begründet werden können. Das oft genannte und sehr wichtige Emittentenrisiko wird dabei entweder von internationalen Ratingagenturen wie Moody’s oder Fitch ermittelt oder insbesondere bei nationalen Angelegenheiten von kleineren Instituten wie etwa Scope oder Euler Hermes. Für die Gläubiger sind diese Einschätzungen von großer Relevanz, zeigen sie doch auf, mit welchen Gefahren ein potenzielles Investment verbunden ist. Trotzdem bietet es sich immer an, eigene Überlegungen als ergänzendes Mittel anzustellen und sich nicht vollumfänglich von den Bewertungen der Ratingagenturen leiten zu lassen.

Wie viel Rendite kann man erwarten?

So viel vorneweg – mit Anleihen sind bislang nur sehr wenige wirklich reich geworden. Wer also dieses Ziel hegt, sollte sich womöglich anderweitig umsehen und dort sein Glück versuchen. Bei der Frage nach einer realistischen Rendite muss man zunächst zwischen Unternehmens- und Staatsanleihen unterscheiden. Die Ausgaben der Firmen werden dabei in aller Regel besser honoriert. Entscheidend ist aber immer auch die finanzielle Stabilität eines Unternehmens. Als Faustregel könnte hier gelten, dass ein höheres Risiko stets mit einer höheren Verzinsung einhergehen muss. Etwas aufgepimpt werden können die potenziellen Renditen durch Kursgewinne, wie sie vor Ausbruch der Corona-Pandemie weltweit zu beobachten waren. Das belegt unter anderem der vielbeachtete Bloomberg Barclays Global Aggregate Index. Die in den vergangenen Jahren von der EZB verfolgte expansive Geldpolitik gilt als mitverantwortlich dafür, dass Anleihen eine insgesamt positive Entwicklung verzeichneten.

Allerdings kann es auch bei Anleihen in die andere Richtung gehen. Ferner sind temporäre Schwankungen mit einzuberechnen. Die aktuell hohe Inflationsrate sowie der damit einhergehende Ruf nach Zinsanstiegen könnte die bisherige Rallye zum Beispiel zunichtemachen oder diese zumindest ausbremsen. Es zeigt sich also, dass auch in Hinblick auf Anleihen niemals kopflos gehandelt werden sollte.

Die gegenwärtigen Zinssätze unterschiedlicher 10-jähriger Staatsanleihen sind im Übrigen für jedermann öffentlich einsehbar. Während es für finnische Emissionen derzeit tatsächlich null Prozent gibt, erscheinen die mehr als 4,1%igen Renditen griechischer Anleihen geradezu üppig. Natürlich darf hier nicht vergessen werden, dass Finnland rein finanziell stabiler aufgestellt ist als dies bei Griechenland der Fall ist. Vor allem in Südamerika oder Afrika werden Anleiheinvestoren noch weitaus höhere Zinssätze vorfinden.

Was hat die Notenbank mit der Anleihe zu tun?

Immer wieder hört man von Anleihekäufen seitens der EZB. Aber wieso entschließt sich diese eigentlich dazu, mit solchen Finanzinstrumenten in teils schwindelerregenden Volumina zu handeln? Dazu ist zunächst ein kurzer Blick auf die Hauptaufgaben der Zentralbank unerlässlich.

So ist die EZB unter anderem für die Währungsstabilität und die allgemeine Geldpolitik im gesamten Euroraum zuständig. Dies erreicht sie in Zusammenarbeit mit den jeweiligen nationalen Notenbanken. Der Kauf von Anleihen in großem Stile ist dabei quasi als Instrument zur Zielerreichung zu interpretieren. Wie kommt das? Beim Erwerb von Anleihen durch die umgangssprachlichen Währungshüter erhöht sich zunächst die im Umlauf befindliche Geldmenge. Das wiederum treibt sowohl die Konjunktur als auch die Inflation an. Mit diesem Hintergrundwissen ist es nun gut verständlich, weshalb die EZB in letzter Zeit oftmals aufgrund ihrer massiven Anleihekäufe in der Kritik stand. Schließlich wird durch das Vorgehen auch die Teuerungsrate angeheizt. Zu vergessen ist dennoch nicht, dass sich diese Strategie gerade in Krisenzeiten als hilfreich erwiesen hat.

Wie findet man eine gute Anleihe als Investment?

Oberste Priorität sollte dabei stets die Begutachtung der Kreditwürdigkeit eines Unternehmens haben. Die Bonität, oder alternativ auch Investment-Grade genannt, ist umso höher, je wahrscheinlicher es ist, dass die jeweilige Firma ihre Schulden tilgt. Ist einmal von sogenannten Junk-Bonds die Rede, bedeutet dies nichts anderes, als dass ein Unternehmen auf Ramschniveau gehandelt wird. Das Risiko eines Zahlungsausfalles ist dann also besonders hoch. Nur sehr risikoaffine Investoren sollten in solchen Fällen noch einsteigen.

Wie gelingt es nun aber, gute von schlechten Anleihen zu separieren? Hier hilft es, die vorhin bereits genannten Qualitätseinstufungen großer Rating-Agenturen heranzuziehen, die einen guten Gesamtüberblick verschaffen. Die Analysen von Moody’s oder auch Standard & Poor’s sind dabei unabhängig und somit unverzerrt. Die höchste erreichbare Note entspricht dem bekannten Triple A, wobei zum Beispiel deutsche Staatsanleihen mit diesem Prädikat ausgezeichnet sind. Neben diesen Bewertungen kann auch der Risikoaufschlag beziehungsweise Spread mit in die Entscheidung für oder gegen eine Anlage einfließen. Er orientiert sich ebenfalls am Ausfallrisiko einer Anlage.

Eignen sich Anleihen heute auch noch?

Auch wenn Anleihen im Gegensatz zu Aktien meist weitaus niedrigere Renditen generieren, sind sie in einem wirklich ausgewogenen Portfolio kaum wegzudenken. Trotzdem müssen sich Anleger bei der Auswahl im Vornherein Gedanken machen, um sich letztlich für die bestmögliche Option zu entscheiden. Auch sind die teils signifikanten Unterschiede zwischen Unternehmens- und Staatsanleihen dringend zu berücksichtigen. Entscheidend ist darüber hinaus eine möglichst breite Diversifizierung, um potenzielle Klumpenrisiken zu umgehen.