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Oliver Schoch

Oliver Schoch ist Bankkaufmann und Finanz-Journalist. Im Rahmen seiner Spezialisierung schreibt er mittlerweile seit 14 Jahren Artikel zu unterschiedlichen Finanz-Themen wie Börse, Versicherungen, Finanzierungen oder Geldanlage. Dabei gibt Oliver Schoch Lesenden gerne Ratschläge für den Finanz-Alltag und zeigt, wie interessant und alltäglich das Thema Finanzen in der Praxis ist.

Der Eintritt der Berufsunfähigkeit ist in Deutschland und im Prinzip weltweit für Arbeitnehmer und Selbstständige eines der größten Risiken, die es in finanzieller und damit in wirtschaftlicher Hinsicht gibt. Heutzutage ist es keineswegs mehr so, dass nur Menschen mit körperlich harter Arbeit das erhöhte Risiko haben, irgendwann berufsunfähig zu werden. Ganz im Gegenteil, denn vor allem psychische Erkrankungen sind ein Hauptgrund für den Eintritt der Berufsunfähigkeit, die jedoch alle Berufsgruppen betreffen können.

In unserem Beitrag möchten wir näher auf das Risiko der Berufsunfähigkeit eingehen und ob eine gesetzliche Erwerbsminderungsrente eine ausreichende Versorgung bietet. Darüber hinaus erläutern wir wichtige Details zur Berufsunfähigkeits-Versicherung, ebenso kurz als BU-Versicherung bezeichnet.

Risiko der Berufsunfähigkeit nicht unerheblich

Insbesondere junge Menschen und Erwachsene im mittleren Alter fühlen sich häufig körperlich fit und denken nicht daran, dass sich das irgendwann einmal gravierend ändern könnte, sodass die Ausübung des bisherigen Berufs nicht mehr möglich sein könnte. Tatsächlich ist das Risiko, berufsunfähig zu werden, jedoch statistisch deutlich höher, als man vielleicht denken möchte. Im Durchschnitt sind es– abhängig von der Altersklasse und dem ausgeübten Beruf – etwa 25 Prozent aller arbeitsfähigen Bundesbürger im Erwerbstätigenalter, die mindestens einmal während ihres Arbeitslebens in die Berufsunfähigkeit geraten.

Das bedeutet, dass faktisch jeder vierte Arbeitnehmer und Selbstständige – zumindest vorübergehend – auf sein Einkommen verzichten muss, weil er – dauerhaft oder vorübergehend – berufsunfähig ist. Ein weiterer Aspekt ist, dass es keineswegs mehr – wie früher häufig der Fall – Erkrankungen sind, die zur Berufsunfähigkeit führen, die vor allem in Berufen mit körperlich schwerer Arbeit auftreten.

Auf Basis der Daten aus dem Jahre 2020 sind es die folgenden Gründe, die als häufigsten Ursachen für eine Berufs- und Erwerbsunfähigkeit gelten:

  • 28,7 %: Psyche
  • 19,3 %: Krebs
  • 19 %: Bewegungsapparat
  • 8,8 %: Unfall
  • 7,4 % Nervensystem
  • 6,3 %: Herz Kreislauf System

An diesen Erkrankungen lässt sich bereits ableiten, dass in großen Teilen die Ursache für eine Berufsunfähigkeit nicht abhängig vom gewählten Beruf ist. Psychische Erkrankung zum Beispiel nehmen mittlerweile einen Spitzenwert bei den Ursachen für Berufs- und Erwerbsunfähigkeit ein, können aber natürlich grundsätzlich in jedem Beruf gleichermaßen auftreten. Ähnliches gilt für Krebs. Auch bei Erkrankungen des Bewegungsapparates sind immer öfter Menschen betroffen, die einer leichten Berufstätigkeit nachgehen. Zusammengefasst lässt sich daher festhalten, dass das Risiko der Berufsunfähigkeit in weiten Teilen der Bevölkerung noch immer unterschätzt wird.

Absicherung durch die Erwerbsminderungsrente ausreichend?

An der Stelle werden Sie vielleicht einwerfen, dass es doch – zumindest für abhängig Beschäftigte und freiwillig in die Rentenkasse einzahlende Selbstständige – durch die gesetzliche Erwerbsminderungsrente eine Absicherung gibt. Grundsätzlich ist das zwar korrekt, aber es gibt dennoch wichtige Unterschiede zu einer eventuellen Berufsunfähigkeits-Versicherung nebst BU-Rente. Zunächst einmal wird die Erwerbsminderungsrente oder auch die Teilerwerbsminderungsrente nur dann gezahlt, wenn Sie erwerbsunfähig werden.

Das bedeutet allerdings, dass Sie prinzipiell keine – noch so einfache – Tätigkeit mehr ausführen können, während es bei der Berufsunfähigkeit ausschließlich um Ihren aktuell ausgeübten bzw. erlernten Beruf geht. Anders ausgedrückt: Durchschnittlich wird man leichter berufsunfähig als erwerbsunfähig. Ein zweiter Aspekt ist, dass Sie nicht nur erwerbsunfähig werden müssen, wenn Sie eine Erwerbsminderungsrente1Erwerbsminderungsrente – https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/national/erwerbsminderungsrente_das_netz_fuer_alle_faelle.html– Abgerufen am 02.09.22 in Anspruch nehmen wollen. Darüber hinaus bietet die gesetzliche Erwerbsminderungsrente, erst recht in Form der Teilerwerbsminderungsrente, nur eine Grundsicherung. Diese reicht allerdings nicht annähernd aus, um das vorherige Einkommen zu kompensieren oder gar den erworbenen Lebensstandard zu halten.

Im Jahre 2020 belief sich die volle Erwerbsminderungsrente in Deutschland auf durchschnittlich lediglich knapp 870 Euro monatlich. Davon kann natürlich praktisch niemand ohne weitere Einkünfte leben.

Wie gering die Erwerbsminderungsrente in der Praxis ist, zeigt das folgende Beispiel:

  • 40 jähriger Mann
  • Berufsbeginn mit 20 Jahren
  • 3.000 Euro Bruttoeinkommen im Monat
  • Rente bei teilweiser Erwerbsminderung: ca. 600 Euro
  • Rente bei voller Erwerbsminderung: ca. 1.200 Euro

In beiden Fällen handelt es sich um die Bruttorente. Das bedeutet, dass aus vorher 3.000 EuroBruttoeinkommen im Monat dann im besten Fall (volle Erwerbsminderungsrente) nur noch rund 1.200 Euro werden.

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Die Erwerbsminderungsrente ist zwar eine wichtige Hilfe, reicht aber selten aus, um das vorherige Einkommen annähernd abzudecken. Daher ist der Abschluss einer Berufsunfähigkeits-Versicherung auf jeden Fall empfehlenswert, da die Höhe der BU-Rente frei zu vereinbaren ist.

BU-Versicherung als äußerst wichtiger Schutz

Risiko Berufsunfähigkeit - noch immer oft unterschätzte BU-Versicherung

Aufgrund der vorher ausgeführten Daten, Zahlen und Fakten ist es im Prinzip nahezu unerlässlich, eine Berufsunfähigkeitsversicherung abzuschließen. Es handelt sich dabei um eine private Versicherung, die völlig abgekoppelt vom Rentensystem und von der Sozialversicherung ist. Allerdings wird in Deutschland nicht nur das Risiko der Berufsunfähigkeit oft unterschätzt, sondern gleichsam die Berufsunfähigkeitsversicherung. Das zeigt sich an mehreren Zahlen.

Stand 2021 gibt es in Deutschland etwa 45 Millionen Erwerbstätige. Davon allerdings haben nur rund 14 Millionen Haushalte eine BU-Versicherung abgeschlossen, also weniger als ein Drittel. Das wiederum zeigt deutlich, dass diese wichtige Versicherung nach wie vor bei Weitem nicht so häufig in Anspruch genommen wird, als es eigentlich sinnvoll wäre. Das Risiko der Berufsunfähigkeit sollten Sie jedoch auf keinen Fall unterschätzen. Mit der BU-Versicherung lässt sich ein sehr guter Schutz generieren.

Was ist die Berufsunfähigkeitsversicherung?

Abzugrenzen ist Berufsunfähigkeits-Versicherung von der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente, denn es handelt sich um einen rein privaten Versicherungsvertrag. Im Kern besteht die Aufgabe der BU-Versicherung darin, im Fall einer Berufsunfähigkeit mit einer vertraglich vereinbarten Leistung einzutreten. Dabei handelt es sich um eine sogenannte Berufsunfähigkeitsrente, die an den Versicherungsnehmer gezahlt wird. Diese BU-Rente soll das vorherige Einkommen möglichst in großem Umfang ersetzen, das natürlich mit Eintritt der Berufs- oder auch und Erwerbsunfähigkeit wegfällt.

Exkurs abstraktes Weisungsrecht: Wichtige Kondition bei der BU-Versicherung

Wenn Sie sich für eine BU-Versicherung interessieren, sollten Sie unbedingt auf ein Detail achten: das sogenannte abstrakte Weisungsrecht. Dies beinhaltet, dass die Versicherungsgesellschaft Ihnen die Pflicht auferlegen kann, sich nach einer anderen Tätigkeit umzusehen, falls Sie in Ihrem bisher ausgeübten Beruf berufsunfähig werden sollten. Damit wird die Berufsunfähigkeits-Versicherung de facto zu einer Erwerbsunfähigkeitsversicherung, was natürlich von den meisten Versicherungsnehmern so nicht gewollt ist. Deshalb sollten Sie möglichst eine Berufsunfähigkeits-Versicherung wählen, bei der die Versicherungsgesellschaft (natürlich schriftlich innerhalb des Vertrages) auf ihr abstraktes Weisungsrecht verzichtet. Nur dann ist gewährleistet, dass Sie tatsächlich eine Leistung erhalten, wenn Sie in Ihrem eigenen Beruf berufsunfähig werden.

Wie funktioniert die Absicherung bei der Berufsunfähigkeitsversicherung?

Die Absicherung innerhalb der Berufsunfähigkeitsversicherung basiert darauf, dass im Fall der festgestellten Berufsunfähigkeit eine Berufsunfähigkeitsrente gezahlt wird. Wie hoch diese Rente ausfällt, können Sie frei mit der jeweiligen Versicherungsgesellschaft vereinbaren. Sie sollten sich dabei ungefähr an Ihrem bisherigen Nettoeinkommen orientieren, sodass Sie bei Eintritt der Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit keine größeren Einkommenseinbußen in Kauf nehmen müssen. Wenn Sie also bisher ein Nettoeinkommen in Höhe von 2.200 Euro erzielen, wäre zum Beispiel eine Berufsunfähigkeitsrente von 1.500 Euro und mehr sinnvoll.

Was kostet eine Berufsunfähigkeitsversicherung?

Der Grund dafür, dass sich bisher relativ wenig Bundesbürger – gemessen an der Anzahl der Erwerbstätigen – für eine BU-Versicherung entschieden haben, liegt sicherlich auch an den nicht unerheblichen Kosten. Gemessen am Jahresbeitrag ist die Berufsunfähigkeits-Versicherung durchaus eine relativ teure Versicherung, denn die durchschnittlichen Monatsprämien bewegen sich im Bereich zwischen 80 und 150 Euro.

Abhängig sind die Versicherungsprämien von den folgenden Faktoren:

  • Höhe der vereinbarten Berufsunfähigkeitsrente
  • Alter des Versicherungsnehmers
  • Beruf des Versicherungsnehmers
  • Gesundheitszustand
  • Weitere Leistungen vereinbart
  • Laufzeit der BU-Versicherung

Ein beispielsweise 25 Jahre alter und gesunder Mann zahlt natürlich entsprechend einen geringeren Beitrag zur BU-Versicherung, als wenn es sich um eine 45-jährige Frau mit gesundheitlichen Problemen handeln würde. Werden bei der Gesundheitsprüfung „Mängel“ festgestellt, müssen die meisten Versicherungsnehmer einen Beitragsaufschlag zahlen oder die Annahme der Versicherung wird prinzipiell verweigert. Sie können also davon ausgehen, dass mit der BU-Versicherung für Sie im Durchschnitt jährliche Kosten zwischen 1.000 und 2.000 Euro entstehen können.

Gibt es Alternativen zur BU-Versicherung?

Die Berufsunfähigkeits-Versicherung ist auch deshalb eine dringend zu empfehlende private Versicherung, weil es faktisch kaum echte Alternativen gibt. So können Sie beispielsweise in den seltensten Fällen während Ihres Arbeitslebens so viel Rücklagen ansammeln, dass Sie damit eine spätere Berufsunfähigkeit ausgleichen könnten. Es gibt zum Beispiel eine private Unfallversicherung, allerdings kommt diese nur für Schäden auf, die eben aus einem Unfall resultieren. Der Faktir Krankheit ist demzufolge gar nicht abgesichert.

Neben der Berufsunfähigkeits-Versicherung gibt es jedoch einige Versicherungsarten, die im Kern relativ ähnlich sind, wie zum Beispiel:

  • Erwerbsunfähigkeitsversicherung
  • Berufsunfähigkeitsversicherung
  • Invaliditätsversicherung

Der Unterschied zur Berufsunfähigkeits-Versicherung besteht jeweils im Kern darin, dass eine etwas andere Leistung erbracht wird. So müssen Sie bei der Erwerbsunfähigkeitsversicherung entsprechend erwerbsunfähig werden und die Grundfähigkeitsversicherung zahlt nur, wenn sogenannte Grundfähigkeiten verloren gegangen sind. Dazu zählen insbesondere:

  • Sehen
  • Hören
  • Tasten
  • Laufen
  • Greifen

Letztendlich ist allerdings nur die Berufsunfähigkeitsversicherung wirklich optimal für den Fall passend, dass Sie Ihre Arbeitskraft absichern möchten, falls Sie berufsunfähig werden sollten.

Versicherung für Selbständige und Freiberufler besonders wichtig

Grundsätzlich kann eine BU-Versicherung allen Erwerbstätigen empfohlen werden. Abhängig Beschäftigte, die dementsprechend automatisch in die Rentenkasse einzahlen, können zumindest noch über den – wenn auch geringeren – Schutz der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente verfügen. Dann ist zumindest eine Grundabsicherung vorhaben, die allerdings viele Freiberufler und Selbstständige nicht haben. Wer selbstständig ist und nicht freiwillig in die gesetzliche Rentenkasse einzahlt, hat demzufolge auch keinen Anspruch auf eine volle oder teilweise Erwerbsminderungsrente.

Das bedeutet, dass im Fall einer Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit überhaupt kein Schutz greifen würde. Daher ist es für Selbstständige und Freiberufler noch wichtiger als für Arbeitnehmer, sich für eine Berufsunfähigkeitsversicherung zu entscheiden. Diese kann nämlich bei Eintritt der Berufsunfähigkeit im Fall des Falles das einzige Einkommen darstellen, dass Sie haben werden. Alternativ würde nur noch die Option bestehen, auf staatliche Unterstützung in Form einer Grundrente oder Hartz IV angewiesen zu sein.

Angebote in der Berufsunfähigkeitsversicherung vergleichen

Bei kaum einer anderen Versicherung wie der Berufsunfähigkeitsversicherung macht es so viel Sinn, die Angebote der Versicherungsgesellschaften miteinander zu vergleichen. Zum einen ist das der Fall, weil eben die jährlichen Versicherungsprämien recht hoch sind. Zum anderen gibt es tatsächlich größere Unterschiede zwischen Versicherungsgesellschaften, was die Höhe der Versicherungsbeiträge angeht.

Beim Vergleich der Angebote sollten Sie allerdings nicht nur auf die zu zahlende Beitragshöhe achten, sondern ebenfalls auf den Leistungsbereich, wie zum Beispiel:

  • Abstraktes Weisungsrecht: Verzicht ja oder nein?
  • Zusatzbausteine wie Versicherungssumme im Todesfall
  • Flexibilität bei möglicher Anpassung der BU-Rente
  • Mögliche Ausschüsse von Berufen oder bei Gesundheitsschäden

Auf jeden Fall lohnt es sich, einen ausführlichen Vergleich durchzuführen, damit Sie eine möglichst günstige, aber dennoch leistungsstarke Berufsunfähigkeits-Versicherung abschließen.

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